Mit Körpergewicht Übungen ans Limit – so geht’s!

Das Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht liegt voll im Trend. Es ist jedoch keine neue Erfindung: Die Basisübungen und zahlreiche Varianten waren bereits in der Antike bekannt, und in den unterschiedlichsten Sportarten gehören Körpergewicht Übungen oder BWE (Body weight exercises) zum Standard-Trainingsplan. Sie dienen nicht nur dem Muskelaufbau, sondern verbessern die Ausdauer, die Koordination und die Beweglichkeit.

Um allein mit Körpergewicht-Übungen viel Muskelmasse aufzubauen, ist es wichtig, den Trainingsreiz immer weiter zu steigern. Hier ergibt sich bei BWE jedoch ein logisches Problem: Im Gegensatz zum Hanteltraining oder Gerätetraining lässt sich das Trainingsgewicht nicht dosieren bzw. erhöhen. Wer also nicht nur seine allgemeine Fitness verbessern will, sondern auf ambitionierte Trainingsziele hinarbeitet, braucht einen effizienten Trainingsplan, um die Trainingsintensität auch ohne Hilfsmittel kontinuierlich steigern zu können.

Körpergewicht Übungen für Einsteiger

Körpergewicht ÜbungenFür Anfänger, die mehr für ihr allgemeines Wohlbefinden tun, ihr Aussehen verbessern oder Gewicht verlieren möchten, sind Körpergewicht-Übungen ein guter Einstieg und ein sinnvolles Dauerkonzept. Die Grundübungen sind funktional und darum leicht zu erlernen. Sie entsprechen natürlichen Bewegungsabläufen, für die der menschliche Halte- und Stützapparat perfekt ausgelegt ist und die unsere Vorfahren bei ihrem Leben in der Natur ständig ausführten: Beugen und Aufrichten, Abstützen, Hochziehen, Hochdrücken und der Wechsel zwischen raschen und langsameren Bewegungen mit hoher Muskelspannung.

Wer sein persönliches Fitnessprogramm mit Körpergewicht-Übungen startet, wird bald eine deutliche Verbesserung seines Körpergefühls wahrnehmen. Denn anders als beim Gerätetraining im Fitnessstudio werden die Bewegungen bei BWE nicht durch eine Mechanik geführt und vorgegeben. Statt isolierter Muskeln werden daher stets ganze Muskelgruppen gemeinsam trainiert. So schult das Training ohne Hilfsmittel die Kraftausdauer, den Gleichgewichtssinn und das Rhythmusgefühl, harmonisiert auch die alltäglichen Bewegungsabläufe und vermindert so das Verletzungsrisiko im Privat- und Berufsleben.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des funktionalen Trainings ist, dass es erwiesenermaßen gegen viele gängige Zivilisationsleiden hilft. Dazu gehören Rückenschmerzen, Verspannungen und andere Beschwerdebilder, die durch Bewegungsmangel und muskuläre Dysbalancen hervorgerufen werden. Regelmäßige Körpergewicht-Übungen trainieren vernachlässigte Muskelgruppen und verbessern deren Stabilität und Schutzwirkung auf die Gelenke. So können auch Menschen, die sich keine Hanteln kaufen und nicht im Studio trainieren möchten, aktiv gegen Fehlhaltungen, Fehlbelastungen und Bewegungsschmerzen vorgehen, die durch langes Sitzen, Schreibtisch- und Computerarbeit entstehen.

Körpergewicht-Übungen als effizientes Aufbautraining

Beim Kraft- und Muskelaufbautraining sind drei Faktoren entscheidend:

  1. ein ausreichend hoher Trainingsreiz,
  2. eine ausreichende Regeneration sowie
  3. die richtige Ernährung.

Hier geht es um den Trainingsreiz, da die Art der Übungen erst einmal keinerlei Einfluss auf Ernährung und Regeneration hat. Damit der Reiz hoch genug ist, muss das Training die Muskulatur erschöpfen. Die Muskeln müssen also an ihr Limit kommen – und sogar ein wenig darüber hinaus. Nur dann kann der sogenannte Hyperkompensationseffekt eintreten, der durch Anpassung an den Trainingsreiz das kontinuierliche Muskelwachstum (Hypertrophie) bewirkt.

Für ein effizientes Krafttraining sind zudem verschiedene Trainingsarten erforderlich. So sollten die Körpergewicht-Übungen je nach Trainingsphase und nächstem Trainingsziel die Kraftausdauer, den Maximalkraftbereich und den Hypertrophiebereich trainieren.

Die folgenden sechs Übungen gelten als BWE-Basisrepertoire und werden darum manchmal auch als „Big Six“ bezeichnet:

  1. Kniebeuge,
  2. Drücken,
  3. Ziehen,
  4. Rumpfrotation,
  5. Kreuzheben und
  6. Ausfallschritt.

Das klingt einfach und ist es auch: Jede dieser Grundübungen repräsentiert einen für den Menschen fundamentalen Bewegungsablauf. Abwechselnd und gemeinsam ergeben die Big Six sämtliche und Alltagsfunktionen des Menschen. Zwar werden sie oft vernachlässigt, doch sind sie grundsätzlich jedem Menschen seit frühester Jugend vertraut.

Aus jedem der sechs Bewegungsmuster lässt sich eine Vielzahl von Aufbauübungen herleiten. Die entsprechenden Basisübungen müssen sauber ausgeführt, also bewusst erlernt werden. werden. Nur so lassen sich mit einem äußerst geringen Verletzungsrisiko die Muskeln trainieren, ohne sie zu überlasten.

In jedem Fall empfehlenswert ist das Erstellen eines individuellen Trainingsplans, der an die jeweiligen Ausgangsbedingungen und Ziele angepasst werden kann. Auch hier gibt es gute Programme und Apps, die sich auf Übungen mit dem Körpergewicht spezialisiert haben. Wer dabei auf Nummer sicher gehen will, lässt sich vor Beginn des Trainings von seinem Hausarzt, einem Physiotherapeuten oder einem ausgebildeten Trainer durchchecken und beraten.

Kraftausdauertraining mit bewährten Körpergewicht-Übungen

Bei dieser Trainingsart geht es weniger um die Maximalkraft und nicht um den Aufbau dicker Muskelpakete. Trainiert wird die Ermüdungsfähigkeit der Muskeln bei Belastungen über längere Zeiträume. Außerdem verbessert Kraftausdauertraining die Durchblutung und den Nährstofftransport im Muskelgewebe.

Der Klimmzug ist beispielsweise eine klassische Körpergewicht-Übung für die Kraftausdauer. Sportler trainieren Klimmzüge meist in einem Bereich von 15-40 Wiederholungen. Viele Anfänger kommen aber schon mit einem an ihr Limit oder schaffen gar keinen. Wer lernen will, das eigene Gewicht mit den Armen hochzuziehen, kann mit dem Üben an einem stabilen Tisch beginnen: Einfach Körper und Beine unter dem Tisch ausstrecken (Fersen auf dem Boden) und mit den Händen an der überstehenden Tischplatte festhalten. Bei dieser Klimmzug-Variante wird nur ein Teil des Körpergewichts hochgezogen. Zur Steigerung des Reizes wird die Zahl der Wiederholungen erhöht, bis auch der erste Klimmzug an der Stange klappt.

Liegestütze sind ebenfalls gut für die Kraftausdauer. Weil dabei in großen Teilen dieselben Muskelgruppen beansprucht werden wie bei Klimmzügen (Ober- und Unterarm-, Brust-, Rücken- und Bauchmuskeln) eignen sie sich auch als Vorbereitung für das Klimmzugtraining. Es gibt zahlreiche Liegestütz-Varianten, die auch von Untrainierten und Übergewichtigen zu bewältigen sind, z. B. Liegestütze mit aufgesetzten Knien. Fortgeschrittene können den Trainingsreiz durch schwierigere Variationen steigern, z. B. einarmige Liegestütze.

Wie funktioniert Hypertrophietraining ohne Zusatzgewichte?

Hypertrophietraining ist die Trainingsart mit dem größten Einfluss auf das Muskelwachstum. Darum ist es auch der Hauptinhalt der Trainingspläne vieler Bodybuilder. In diesem Bereich ist es schon ein wenig schwerer als bei der Kraftausdauer, allein mit Körpergewicht-Übungen hochgesteckte Ziele zu erreichen. Denn beim Training im Hypertrophiebereich sind ein hohes Trainingsgewicht und eine hohe Intensität wichtiger als die schiere Anzahl der Wiederholungen. Sinnvoll ist natürlich auch hier, die Grundübungen durch anspruchsvollere Varianten zu ersetzen und die Wiederholungen kontinuierlich zu steigern, um bis zur Muskelerschöpfung trainieren zu können.

Um den Trainingsreiz langfristig zu steigern, lohnt sich grundsätzlich auch die Anschaffung von Trainingshilfen wie einer Klimmzugstange. Außerdem bietet die Umgebung viele Möglichkeiten zum effizienten Freilufttraining, zum Beispiel Kletterwände, -stangen und -gerüste auf Spielplätzen, Bäume, Parkbänke, Stufen oder einer der ebenfalls wieder in Mode kommenden Trimm-Dich-Pfade.

Mit ein wenig Fantasie kann das Hypertrophietraining im Sinne einer Steigerung von Grundkraft, Fitness und Athletik mit Körpergewicht-Übungen also sehr gut funktionieren. Wer allerdings von einer Bühnenkarriere als Bodybuilder träumt bzw. als Hochleistungssportler dauerhaft im Hypertrophiebereich trainieren will, wird früher oder später Hanteln bzw. Zusatzgewichte bei additionalen Gerätetrainings brauchen.

Technische Herausforderungen beim Training mit dem Körpergewicht

Neben der spannenden Aufgabe, den Trainingsreiz ohne Zusatzgewichte stetig zu intensivieren und Leistungsplateaus zu überwinden, bringt BWE für Fortgeschrittene und im Profibereich weitere Herausforderungen mit:

1. Anspruchsvolle bzw. zeitaufwendige Übungen

Im Vergleich zum Freihanteltraining muss bei BWE deutlich mehr Aufwand getrieben werden, um die Muskeln in gleichem Maß zu belasten. Ein sehr anschauliches Beispiel dafür ist das Überkopf-Drücken mit der Langhantel („Military Press“), eine technisch eher anspruchslose Übung, die erst durch ein hohes Trainingsgewicht zur Herausforderung wird.

Das entsprechende Pendant bei den Körpergewicht-Übungen, also der Handstand bzw. Handstand-Pushup, ist für Anfänger ungeeignet und technisch so anspruchsvoll, dass es einige Zeit dauert, die Übung zu erlernen und zu beherrschen. Dieser Einwand gilt vor allem dort, wo es um rasche und präzise definierte Muskelzuwächse geht.

2. Nachvollziehbarkeit des Trainingsfortschritts

Bei BWE werden zur Intensitätssteigerung oft die Hebel und Winkel der Bewegungen bei den Übungsabläufen variiert. Diese Änderungen können jedoch – anders als eine Gewichtssteigerung beim Hantel- oder Gerätetraining – beim nächsten Training nicht exakt reproduziert werden. Das macht es schwer bis unmöglich, die Trainingsfortschritte exakt nachzuvollziehen oder zu protokollieren.

3. Effizientes Beintraining

Es ist nicht einfach, den Unterkörper und die Beine ausschließlich durch Körpergewicht-Übungen zu Höchstleistungen im Profibereich anzuspornen. Auf den ersten Blick sind die Grenzen der Intensitätssteigerung mit der einbeinigen Kniebeuge bereits ausgeschöpft. Die Beinmuskeln gehören jedoch zu den stärksten des Körpers und sind zu wesentlich höheren Leistungen fähig. Um stärkere Belastungen und Anpassungen zu erreichen, müssen, ähnlich wie beim Kreuzheben, zusätzlich die Hüftgelenke belastet werden. Doch auch hierbei setzt das Körpergewicht klare Belastungs- und Steigerungsgrenzen.

4. Koordinative Grenzen

Ein Grund für Leistungsplateaus bzw. Leistungsstagnation bei BWE kann fehlende Kraft in schwer trainierbaren Bereichen sein. Hier kann der Handstand wieder als gutes Beispiel dienen. Er ist eine wunderbare Profi-Übung für perfekt definierte Schultern, doch um ihn korrekt auszuführen, müssen auch die vielen Muskeln, die das Handgelenk stabilisieren, in Bestform gebracht werden, da sich sonst das Verletzungsrisiko drastisch erhöht.

Hat jedoch das grundsätzliche Ziel des funktionalen Trainings Vorrang und geht es um den harmonischen und proportionalen Aufbau aller Muskelgruppen, kann das Erreichen einer solchen koordinativen Grenze einen echten Motivationsschub bringen. Es lenkt den Blick auf Bereiche, die zwar bisher beim Aufbautraining vernachlässigt werden konnten, aber dennoch wichtig für das Funktionieren (und Wahrnehmen) des Körpers als Gesamtheit verschiedener Stärken und Fertigkeiten sind.

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